Der Tag begann früh, denn ich hatte mich mit Hans-Peter um 7 Uhr verabredet, da die Königsetappe anstand und für Nachmittag Gewitter angesagt waren. Los ging’s dann doch erst 7:45, da erstens Hans-Peter verschlafen hatte und zweitens es im Hotel wider Erwarten schon Frühstück gab. Den anderen reichte der Tourmalet und eine Anfahrt mit dem Transporter (Markus, Achim, Georg) oder hatten keine Lust so früh aufzustehen (André). Gunnar war leider mit Verdauungsstörungen außer Gefecht gesetzt.
Als Vorspeise stand der Col de Peyresourde an, der um diese Uhrzeit noch schön kühl war und auch landschaftlich glänzen konnte. Verkehr war gleich Null, aber das ist zur Zeit bei praktisch allen Pässen so. Weder Motorradfahrer noch Touriautos, selbst Radfahrer kann man an einer Hand abzählen.
Als 2. Vorspeise gab sich der Col d‘Aspin her, der mit moderaten Steigungswerten und einer noch grandioseren Landschaft punkten konnte. Bei der Auffahrt überholten wir eine rennradelnde E-Bikerin und wurden von einer Gruppe Nachwuchsfahrer distanziert.
Auf der Passhöhe standen wieder ein paar Kühe dumm in der Gegend herum. In der Ferne ist der Tourmalet zu sehen.
Fortsetzung folgt, es gibt Essen…
Apropos Essen, kommen wir zum Hauptgang: Col de Tourmalet oder kurz Tourmalet. Es ist der höchste und bekannteste Pyrenäenpass, der schon 1910 als erster Hochgebirgspass Teil der Tour de France war. Hier sollten die Fäden aller Teilnehmer schicksalhaft zusammenlaufen, doch vorher noch ein paar Worte zur Auffahrt.
Nach einigen Kilometern kommt man an dieser Galerie vorbei, den alle Ulle-Fans kennen müssen. Hier schaffte es Ulle auf der 15. Etappe der Tour de France 2003 Armstrong ein paar Hundert Meter zu distanzieren, was leider eine Seltenheit blieb.
Ein paar Kilometer weiter erreicht man die Ortschaft La Mongie. Hier laufen Lamas frei herum. Oder bin ich schon so verwirrt?
Langsam reicht‘s, der Pass ist lang und steil und ich bin schon seit 4h im Sattel. Kurz vor der Passhöhe sehe ich unseren Transporter stehen. Und da vorne, das muss doch Michael und Gunnar sein. Ich werde gefilmt, fahre kurz zur Passhöhe und treffe die beiden auf einer Picknickdecke beim Transporter wieder. Welcher Luxus!
Ja, das Schlachtschiff rechts auf dem Bild ist unser niedliches Fahrzeug, Marke Tourbus. Nun geht es Schlag auf Schlag, erst Hans-Peter, dann Georg, dahinter André, und wenig später Markus und Achim. So klappt es noch mit dem historischen Foto: paessefahrt.de auf dem Tourmalet:
Plötzlich fängt es an zuzuziehen und wir stürzen uns etwas hektisch in die stürmische Abfahrt zum Hotel. Aber für mich ist die Tour noch nicht vorbei: Richtig, der Nachtisch fehlt noch. Die oben erwähnte 15. Etappe endete als Bergankunft in Luz Ardiden. Und hier passierte die berühmte Szene als Armstrong und Mayo stürzten und Ulle anschließend wartete, um die Tour zu verlieren. Denn Armstrong zog danach uneinholbar davon.
Genau diese Stelle habe ich gesucht und gefunden:
Und bin dann den Anstieg noch nachgefahren. Ein hartes Stück Arbeit, da er im unteren Teil, wo auch das Unglück passierte, 10-12% steil ist.
Und oben wieder Nebel, aber das kenne ich ja schon. Mit Musik (Coldplay) aus dem Handy kämpfe ich mich bei minimaler Sicht Serpentine um Serpentine nach oben. Dabei sehe ich Armstrong vor mir, wie er in einer unglaublichen Geschwindigkeit nach Luz Ardiden hochzieht und Ulle mal wieder das Nachsehen hat. Aber ich muss nicht gegen Armstrong gewinnen, sondern nur mich selbst. Was mir auch gelingt: Endlich erreiche ich überglücklich das Ziel.
Was für ein Tag!
Glückwunsch – zu der unglaublichen Leistung und auch zu dem wieder einmal tollen Bericht.
Danke, Heidi 🙂
Super. Tolle Bilder und Worte. Es macht sehr viel Spaß euch zu „verfolgen“. Ich denke ihr habt den auch… 👌
Danke, Erwin das freut mich! Wir haben gerade diskutiert, ob das Urlaub ist. Also für mich schon 🙂 Gute Nacht…